Background
Wir nehmen Raum ein. Bernd Oppls Objekte zeigen auf, wie sich menschliche Emotionen auf die uns umgebende Architektur und Innenräume projizieren. Seine Arbeiten sind entleert vom menschlichen Körper, sein Arbeitsprozess liegt zwischen Objekt und Architektur, Skulptur und Installation. Die von ihm nachgebauten Umgebungen – seien es perfekt detaillierte Miniaturskulpturen oder Animationen und Filme – scheinen ebenfalls neutral, aber deren Sterilität verleiht ihnen eine gewisse Unheimlichkeit. In ihnen wirkt der Zukunftshorror von japanischen und koreanischen Horrorfilmen. Die Ballardsche Angst vor der Vorstadt- und Unternehmenswelt. Die vom Bildschirmleben hervorgerufene Isolation und Entfremdung.
Der Künstler spielt mit architektonischen Modellierungen, wobei es nicht um die utopische Projektion einer urbanen Zukunftslandschaft geht. Oppl gestaltet Gegenwartsszenarien. Der Laptop auf einer nackten Matratze am Boden. Oppls Arbeiten wohnt die Atmosphäre von Edward Hoppers Gemälden inne. Es liegt ein Hauch von noir in diesen figurenlosen Innenräumen, ein Ausdruck der Gedanken in Olivia Laings Buch „The Lonely City“. Der Horror ist geräuschlos. Das Gespensterhaus ist kein knarrendes Schloss aus dem 19. Jahrhundert, sondern ein Warteraum am Flughafen oder ein Büro, in dem schwarze Tinte geisterhaft im Raum schwebt. In Oppls Arbeiten kommen – mit Ausnahme von surrenden Analogprojektoren – keine Geräusche vor. Hier treten die Geister der Kino- oder Computergeschichte in Erscheinung, wie etwa in seiner Nachbildung der „Black Maria“, einem Skelett einer historischen Bühne, die sich vor einer statischen Kamera dreht. Oder in einem minimalistischen Labyrinth, das an eine verkleinerte Version des ikonischen Computerspiels „Wolfenstein 3D“ erinnert.
Der Bildschirm zieht sich als Leitgedanke durch. Oppl bettet echte Bildschirme in seine Arbeit ein, setzt diese jedoch auf ungewöhnliche Weise ein. Der Künstler spielt mit Wahrnehmung und Perspektive, choreografiert unseren Blick auf eine Szene, genauso wie ein Regisseur die Kamera für eine Aufnahme positioniert. Die Einsichtswinkel und Standpunkte sind beabsichtigt. Seine schwarzen Kästen und Betonwürfel sind in verschiedenen Höhen an der Wand platziert, was die Betrachter dazu zwingt, sich zu bewegen und neu zu positionieren. Die Bildschirme in Oppls Arbeiten können ein Fenster bilden oder in ungewohnten Winkeln, durch Löcher oder Reflexionen, betrachtet werden. Manchmal scheinen seine Bildschirme zu atmen, wobei deren Licht langsam hoch- und runterpulsiert. Dann wiederum können die Bildschirme leer und mit weißem Rauschen verhangen sein.
Seinen Arbeiten mutet eine taktile Qualität an, auch beim Bezug auf das Digitale. Oppls Auffassung von Medien ist sowohl gegenwartsbezogen als auch historisch. Weißes Rauschen wird heutzutage nicht mehr per se erfahren, es verweist auf eine analoge Vergangenheit. Es ist zu etwas Fabriziertem geworden, das auf Leere deutet. Der Begriff „weißes Rauschen“ an sich impliziert Ideologie und Vorurteile. Oppl präsentiert die Ruinenlandschaft der Medien, verleiht ihnen eine physische Form. Die Materialität von modernem Beton, und im weiteren Sinne der Moderne, hallen in den Ruinen unserer televisuellen Vergangenheit wider.
Francesca Gavin