Emptiness of Attention

2012, Echtzeit Video Loop, MDF, Motor, Kamera, Videoprojektor, 70 x 88 x 42 cm

“Wenn man heute von der Entwicklung der audiovisuellen Medien spricht, dann kann man dies nicht, ohne zugleich nach der Entwicklung jener virtuellen Bildwelt und ihrem Einfluß auf die Verhaltensweisen zu fragen und ohne darüber hinaus auf jene neue Industrialisierung des Sehens hinzuweisen, auf das Entstehen eines regelrechten Marktes der synthetischen Wahrnehmung. Daraus ergeben sich Fragen nach der Verdoppelung des Standpunktes, nach der Aufteilung und der Wahrnehmung der Umwelt in das Belebte, das lebendige Subjekt, und das Unbelebte, das Objekt, die Sehmaschine.” Paul Virilio (Die Sehmaschine, Merve, Berlin, 1989, S. 136)

Was der Philosoph, Medienkritiker und Theoretiker der Geschwindigkeit Paul Virilio vor mehr als 20 Jahren in “Die Sehmaschine” (Titel der Originalausgabe: La machine de vision, 1988) formuliert hat, könnte für Bernd Oppl durchaus am Ausgangspunkt der Untersuchungen von Perzeption und der künstlerischen (Er)forschung von Wahrnehmungsbedingungen gestanden haben. In seinen multimedialen Installationen wird dieser Gedanke weitergeführt und die Objekte – Architekturmodelle und Kulissen, die wirken als seien sie aus dem kollektiven Gedächtnis über Filmarchitektur generiert worden – werden zu Subjekten und wandeln sich in Akteure. Der Künstler spielt mit der konditionierten Wahrnehmung der BetrachterInnen, die an den Raumstrategien und -möglichkeiten des Populärkinos geschult wurde. Türen, Fenster oder Treppen wurden von Alfred Hitchcock beispielsweise häufig als sogenannte “McGuffins” eingesetzt, als Objekte, die Spannung auslösen und die Handlung vorantreiben, ohne selbst von Interesse oder Bedeutung zu sein. Bernd Oppl macht McGuffin zum Hauptdarsteller.

Die Kenntnis der Film- und Technikgeschichte beeinflusst zum Teil direkt – aber auch indirekt – die Settings. Das erste Filmstudio von Thomas Alva Edison, die “Black Maria”, war eine schlichte schwarze Box, bei der das Dach aufgeklappt werden konnte, um wegen dem wenig lichtempfindlichen Filmmaterial möglichst viel Sonnenlicht hereinzuholen. Das gesamte Gebäude war auf einer Drehscheibe montiert, damit es nach der Sonne ausgerichtet werden konnte. Der schwere Kinetograph ließ nur frontale Aufnahmen auf der guckkastenartigen Bühne zu. Etwa 35 Jahre später in Buster Keatons Kurzfilm “One Week” war es bereits möglich ein Fertigteilhaus rotieren zu lassen.

Für die Installation emptiness of attention, 2012, hat es für das Architekturmodell Modell gestanden. Bernd Oppl hat die filmische Montage als Vorlage für ein Raummodell verwendet, das nun in einen schwarzen Kubus eingebettet rotiert und an der Oberseite abwechselnd einen Innenraum und ein Fassadenelement zeigt. Im Inneren des Kubus – also im Verborgenen – ist eine Kamera platziert und zeichnet jeweils die außen gerade nicht sichtbare Seite des Modells auf. Diese Aufnahme wird vergrößert an die Wand der Galerie projiziert. Das verlassene Haus, in dem etwas vorgefallen sein muss, denn ein Tisch und Stühle sind umgestürzt, befindet sich in perpetuierender Rotation. Es gibt kein Entrinnen.

Ingeborg Erhart